#03 Ucluelet: Ocean Wildlife Safari
Otto umwickelt seinen haarigen Körper mit mehreren Lagen glitschigem Seetang und läßt sich von den Wellen in den Schlaf wiegen.
So liegt er jetzt einfach da, dümpelt herum, mehre Seemeilen vor der kanadischen Pazifikküste, in der leichten Dünung, die ihn sanft hin und her schaukelt. Der dunkelgrün-orangene Seetang, der Kelp - das eine Ende am Meeresgrund verankert und das andere wie eine Roulade um Otto gerollt - verhindert, dass er abtreibt. Und so döst er friedlich vor sich hin und läßt sich nicht stören.
Otto ist ein wilder Seeotter.
Und zwar ein ziemlich entspanntes Exemplar, das sich von nichts aus der Ruhe bringen lässt. Ob er schnarcht könnten wir nicht hören, so nah haben wir uns mit dem Boot dann doch nicht herangeschlichen. Aber nahe genug um schicke Fotos zu machen und für ein paar Minuten das Schauspiel zu beobachten.
Wir lassen Otto schlafen und sind happy! Auf genau solche besonderen Wildlife-Erlebnisse hoffen wir, als wir unser Airbnb-Häuschen in Woss verlassen und nach ein paar Tagen voller Wanderungen unsere Möhre mit unserem Gepäck beladen. Von Woss geht es Richtung Süden, zunächst auf dem Highway 19, an Campbell River vorbei und dann über die einzige Querverbindung Richtung Westen, den Highway 4.
Die temporäre Straßensperrung aufgrund den Folgen eines Waldbrandes kann uns nicht aufhalten und so erreichen wir nach einigen Stunden möhriger Fahrt unser Ziel:
Ucluelet und die zerklüftete Broken Island Group.
Hier an der Westküste, im Pacific Rim National Park, ist es nochmal deutlich rauer als an der Ostküste von Vancouver Island. Aber heute, da ist das Wetter perfekt, ein klarer, sonniger Hochsommertag! Perfekt für unsere maritime Wildlife Safari auf der Raincoast Maiden, die wir schon vor längerer Zeit vorab gebucht hatten, im Pacific Rim National Park.
Einige Stunden sind wir auf dem Pazifik unterwegs, fast den ganzen Tag in der Broken Island Group. Und neben Otto gibt es noch viele weitere Seeotter zu sehen - außerdem Robben, Seelöwen und eine Vielzahl an Seevögeln wie Weißkopf-Seeadler, Truthahngaier, Kormorane, Harlekin-Enten und Austernfischer. Sogar die Flossen eines Buckelwals lassen sich in der Ferne erkennen.
Dieser Wildlife-Trip ist ein echtes Highlight auf unserer Reise - und die Wildlife-Expertin an meiner Seite natürlich happy:
Die Artenliste unserer Sichtungen in Kanada füllt sich mit rasanter Geschwindigkeit.
Die Broken Island Group und ihr überbordendes Wildlife bleibt aber nicht das einzige Highlight auf dieser Reise-Etappe, hier an der Westcoast von Vancouver Island.
Völlig schräg: Schlafen auf einem alten Fischtrawler!
Wir schlafen ein paar Tage an Bord der 1926 gebauten InnChanter, einem ausgemusterten und umgebauten hölzernen Fischtrawler, der geschützt vor den heftigen Winden des Pazifiks in der Bucht von Ucluelet vor Anker liegt.
Unsere Kajüte ist zwar alles andere als geräumig und das Badezimmer mißt nur einen Quadratmeter (wohlwollend aufgerundet). Das WC pumpt man manuell ab und man stößt sich auch dauernd irgendwo den Kopf. Auch Privatsphäre gibt es an Bord quasi nicht. Dazu kommt noch, dass das gesamte Boot im Inneren schief gebaut ist, fast abschüssig - was damals in der Funktion eines Fischtrawlers sicher super Sinn gemacht hat, nun aber als Unterkunft im wahrsten Sinne des Wortes etwas schräg ist.
Und dennoch ist der Aufenthalt für uns der pure Luxus!
Das liegt an der exklusiven Location und an der besonderen Atmosphäre an Bord, an der authentischen Einrichtung und an den netten Reise-Bekanntschaften. Und natürlich an den Schwarzbären, die wir vom Oberdeck aus am nahe gelegenen Ufer beobachten wie sie dort Steine umdrehen um Krabben und Muscheln zu suchen.
Aber allen voran liegt das auch an unserem charmanten Host, Taylor, die sich liebevoll um ihre Gäste kümmert. Sie kocht jeden Abend ein sehr leckeres Menu, das wir gemeinsam als kleine Gruppe im Salon einnehmen, mit Blick auf den Sonnenuntergang. Sie bereitet auch das Frühstück zu und shuttlet die Gäste mit einem kleineren Boot zum Hafen von Ucluelet. Eigentlich macht Taylor wirklich alles allein. Nur beim Shuttlen der Gäste bekommt sie von Zeit zu Zeit Hilfe, von Board-Hündin Elli.
Und dann gibt es da noch diese Sauna, die ebenfalls ganz erheblich zu unserem Wohlbefinden beiträgt. Gebaut auf einer schwimmenden Plattform, und fest vertäut mit der InnChanter, ist sie einfach ein Traum!
Wir befeuern sie selbst mit Holz und genießen in der Abenddämmerung durch das Panoramafenster die Aussicht auf das gegenüberliegende Ufer.
Wir nutzen die Sauna regelmäßig und trauen uns danach sogar den Sprung ins eiskalte - nachts tiefschwarze - Pazifikwasser.
Es ist Neumond und es gibt hier draußen nicht eine künstliche Lichtquelle. Da kostet natürlich doppelt Überwindung, mitten im Nirgendwo der schwarzen Nacht ins noch schwärzere Schwarz des Pazifiks zu springen. Gerade auch, wenn man sehr genau weiß, was sich hier so alles im Wasser tummelt… ich denke an die Seelöwen, die Haie und andere tierische Zeitgenossen.
Aber wir tun es, mit einem beherzten Sprung ins schwarze Nichts - und als wir auf der Wasseroberfläche aufkommen entzündet sich um uns herum plötzlich eine glitzernde Wolke aus Leuchtplankton, ein Sprung in ein unglaubliches Feuerwerk!
Leuchtplankton kenne ich zwar von meinen Asien-Reisen - aber das hier, das ist definitiv das spektakulärste Bioluminezenz-Erlebnis: Alles glitzert um uns herum, jede Bewegung löst abertausende Leuchtpunkte aus und hüllt uns in schillernde Lichtwolken ein.
Wenn man sich bewegt perlen leuchtende Tropfen wie Honig an unseren Armen und Beinen ab.
Es ist völlig surreal und irgendwie magisch und wir können unser Glück kaum fassen!
Die Schönheit und Fragilität der Biolumineszenz, die Schönheit und Fragilität dieses Moments, ist nicht mit Worten zu beschreiben.
Und sie ist auch nicht mit der Kamera festzuhalten. Ich probiere es nicht einmal. Der Moment ist einfach zu kostbar!
Das Nachtschwimmen im Leuchtplankton ist das glitzernde i-Tüpchelchen unserer Zeit in Ucluelet.
Nach ein paar erlebnisreichen Tagen verlassen wir die InnChanter wieder und sagen Goodbye zu Taylor und Hündin Ellie.
Wir blicken nun auch erstmals etwas zurück: Unserer Reise startete rasant und nahm hier nochmal ordentlich Fahrt auf. Gerade die Natur- und Wildlife-Erlebnisse sind kaum noch zu toppen. Eigentlich ausgeschlossen… es sei denn….
Es sei denn… man könnte sich Kayaks schnappen und versuchen hier in Vancouver Island mit wilden Orcas, mit Killerwalen, zu paddeln.
Challenge accepted - auf geht’s zur Johnstone Strait!